Dem russischen Staatskonzern Gazprom macht die Finanzkrise mehr zu schaffen als von Investoren befürchtet. Wie Mark Krümpel in der Financial Times Deutschland berichtet, sucht der größte Gasproduzent der Welt nach frischen Geldquellen. Bei der Vorlage der Quartalszahlen räumt Gazprom ein, dass es möglicherweise Schwierigkeiten gebe, Schulden in Milliardenhöhe zu refinanzieren und zusätzliche Kredite zu bekommen.Der Aktienkurs von Gazprom verlor an der Moskauer Börse trotz eines Rekordgewinns 10,6 Prozent auf 3,9 $. Nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Bloomberg hat Gazprom aktuell ausstehende Kredite und Anleihen in Höhe von 55 Mrd. $, wovon im nächsten Jahr 6,6 Mrd. $ und 2010 insgesamt 12,5 Mrd. $ fällig werden. Der Gaskonzern hatte daher zuletzt bereits versucht, sich beim russischen Staat Kredite mit einer langen Laufzeit zu beschaffen.“Es herrschte immer die Meinung vor, dass Gazprom finanziell unverwundbar sei, gestützt von den hervorragenden Gewinnprognosen“, sagte Artjom Kontschin, Analyst bei der Unicredit Bank in Moskau. „Sie werden ihre Finanzen in Zukunft besser als früher managen müssen.“ Ob Gazprom tatsächlich in diesem Jahr wie geplant 30 Mrd. $ in neue Projekte investiert, gilt angesichts der möglichen Finanzierungsschwierigkeiten als offen. Der Konzern kündigte an, die Investitionen auf den Prüfstand zu stellen. Davon könnten wiederum ausländische Partner wie die BASF-Tochter Wintershall oder auch Eon Ruhrgas profitieren, die an Gasfeldern des Staatskonzerns beteiligt sind und nach weiteren Investitionen Ausschau halten.Dabei laufen die Geschäfte von Gazprom noch prächtig. So konnte der Konzern den Nettogewinn im ersten Quartal des gerade erst begonnenen Geschäftsjahres um 30 Prozent auf 273 Mrd. Rubel (7,9 Mrd. Euro) steigern. Gazprom profitierte von einem Anstieg des Ölpreises im ersten Halbjahr auf fast 150 $ je Fass, der auch den Gaspreis klettern lässt, obwohl die Kosten für die Förderung nicht im gleichen Maße zulegen.Für Gazproms Gewinnentwicklung spielt das Ausland die größte Rolle, denn im Heimatmarkt Russland kann der Energiekonzern die Preise aus politischen Gründen nicht so drastisch erhöhen wie in Europa und nimmt zum Teil sogar Verluste in Kauf. In Westeuropa hingegen steigerte Gazprom den durchschnittlichen Verkaufspreis in den vergangenen drei Monaten um 28 Prozent auf fast 346 $ pro 1000 Kubikmeter Erdgas.Zuletzt hatte Gazprom für 2008 einen Anstieg des Gaspreises auf 400 $ pro 1000 Kubikmeter prognostiziert. Da sich der Ölpreis seit seinem Hoch in etwa halbiert hat, müsste allerdings auch der Gaspreis mit einer zeitlichen Verzögerung von etwa sechs Monaten zurückgehen, heißt es in der Branche. Versorger in Deutschland hatten zuletzt wegen der gestiegenen Einkaufskosten kräftig an der Preisschraube gedreht. Gazprom deckt etwa ein Viertel des europäischen Verbrauchs ab.
- Quelle: Financial Times Deutschland
- Quelle: robertamsterdam.com
- Quelle: webnews.de