Wer allerdings ins Restaurant geht, bei dem können Pute, Pizza, Kartoffelpüree, Nudeln oder Tiefkühlgemüse mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum ganz legal auf dem Teller landen, ohne dass es der Gast merkt. Ein Großhändler im nordrhein-westfälischen Heinsberg redet nicht mehr gerne über die Einkaufsgewohnheiten der Gastronomie. Vor einem Monat haben Lebensmittelkontrolleure in seinem Tiefkühllager 15 Tonnen abgelaufene Lebensmittel gefunden. Die wollte er auch verkaufen, weil aus seiner Sicht die Qualität „okay“ war.
Was für ihn ein normales Geschäft gewesen wäre, sorgte ordentlich für Wirbel: Sein Name rauschte durch den Blätterwald, er selbst vernichtete die Ware: und dann das Laborergebnis des Veterinäramtes Krefeld: Die 15 Tonnen waren in Ordnung, hätten noch verbraucht werden können. „Ich habe die Sache einem Rechtsanwalt übergeben, der prüft, wer für den Schaden aufkommt“, sagt der Mann. Und noch einmal bekräftigt er: Es sei nichts Ungewöhnliches, dass Restaurants und Gaststätten abgelaufene Ware kauften. Das zahlt sich dann wahrscheinlich auch im niedrigeren Preis aus.
„Ein Lebensmittel, bei dem das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, muss nicht unbedingt verdorben sein“, sagt Regina Heid von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Diese Waren dürfen verkauft, vom Koch zubereitet und dem Gast ohne Ankündigung vorgesetzt werden. „Das ist legal. Aber der Gastronom muss dafür Sorge tragen, dass das Lebensmittel in Ordnung ist.“ Das machen Professionelle nicht anders als die Hausfrau auch: Sehen, riechen, tasten.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum eines Lebensmittels sagt aus, dass bis zu diesem Datum unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen die spezifischen Eigenschaften erhalten sind. Nach der Lebensmittel- Kennzeichnungsverordnung dürfen abgelaufene Produkte weiter verwendet werden, wenn ihre Eigenschaften unverändert sind und keine "gesundheitlichen Risiken" für den Verbraucher bestehen.
"Jemand kauft Obst ein auf dem Großmarkt, das nicht mehr so richtig toll aussieht, dann macht der vielleicht ein Mus davon und nimmt das für die Nachspeise", erklärt der Sprecher des Bundesamtes für Verbraucherschutz, Jochen Heimberg, was das in der Praxis heißt. Dann müsse aber ein Kantinenbetreiber oder ein Gastronom sicherstellen, dass in dem Obst kein Schimmel drin sei.
Das Essen muss gesundheitlich unbedenklich sein. "Dann ist vollkommen egal, was da drauf steht, ob gestern abgelaufen oder vorgestern oder eine Woche", sagt der Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands, Stephan Büttner. Wenn eine Gesellschaft mit 300 Leuten vor der Tür steht und abgelaufene, einwandfreie Lebensmittel schnell verbraucht werden, sei das kein Problem.
Grundsätzlich sollte der Gastronom "im eigenen Interesse" Waren kaufen, bei denen die Haltbarkeit nicht überschritten sei. "Dann ist er auf jeden Fall auf der sicheren Seite und kommt gar nicht in die Lage, dass ein Produkt verdorben ist und er ausschließlich in der Haftung ist", sagt Büttner.
Verbraucherschützerin Regina Heid sieht das Problem darin, dass der Gast am gedeckten Tisch nicht selbst entscheiden kann, ob er ins abgelaufene, wenn auch tadellose Fleisch beißt. "Sollte ich erfahren, dass ein Restaurant tatsächlich überlagerte Ware hat, würde ich nicht mehr hingehen. Wenn das hygienisch unproblematische Waren sind, mag ich zwar keinen Durchfall bekommen, aber ich weiß nicht, wie sorgfältig der mit anderen Waren umgeht."
Quelle: Web.de / dpa 30.10.2006