Weibliche Bewerber oft zu bescheiden

15.02.2005

Bonn/Hamburg (dpa/gms) – Schon das Anschreiben soll die Qualitäten eines Bewerbers herausstellen. Schließlich sind es die ersten Worte an den potenziellen zukünftigen Arbeitgeber. Doch vielen Frauen fällt es schwer, ihre Talente angemessen in Szene zu setzen. Experten raten weiblichen Bewerbern zu einem offensiven Umgang mit ihren Fähigkeiten.

„Frauen sind prädestiniert fürs Tiefstapeln“, sagt Ute Zander, Diplompsychologin und Karriereberaterin in Hamburg. Oft hätten sie Angst, sich bei ihren Erklärungen zu sehr zu loben. „Männer neigen zu Übertreibungen, Frauen zu Untertreibungen“, bestätigt Brigitte Rubarth, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bonn. Während ein Mann, der drei Worte Französisch spricht, im Lebenslauf angebe, er beherrsche die Sprache, schätzten Frauen ihre Kenntnisse lieber zu gering ein.

„Viele Frauen haben Angst, in ihrer Bewerbung etwas zu versprechen, was sie später nicht halten können“, erklärt Constanze Wachsmann, Beraterin in der Dresdner Niederlassung der Managementberatung Kienbaum. Fehler seien aber etwas ganz Natürliches. „Erbrachte Leistungen werden oft nur als Erfahrungen deklariert und dadurch geschmälert“, ergänzt Ute Zander.

Auch die übermäßige Benutzung des Konjunktivs ist ein typischer Ausdrucksfehler. „Wenn Frauen schreiben: „Ich denke, ich könnte für diesen Job qualifiziert sein“, ist das wenig überzeugend“, warnt Christina Ewald aus Simmern im Hunsrück, die einen Bewerbungsratgeber für Frauen geschrieben hat. Besser sei, die eigenen Leistungen konkret zu benennen.

Doch vielen Frauen fällt es schwer, über sich und ihre Leistungen zu reden. „Frauen wollen lieber zeigen, was sie können“, sagt Constanze Wachsmann. Dafür müssten sie aber zunächst die Einstellungshürde nehmen. „Bevor ich mich bewerbe, muss ich erst einmal klären, wer ich bin, was ich will und was ich kann“, rät die Karriereberaterin Claudia Nuber aus Glonn bei München. Ein Gespräch mit guten Freunden, Kollegen oder dem ehemaligen Chef könne helfen, die eigenen Fähigkeiten besser einzuschätzen.

Lücken im Lebenslauf, zum Beispiel durch die Elternzeit, kommen bei Frauen viel häufiger vor als bei Männern. Auch mit ihnen sollten Frauen selbstbewusst umgehen. Wer nach einer Kinderpause den Wiedereinstieg in den Beruf plant, sollte sich fragen, welche Schlüsselqualifikationen im Alltag erworben wurden, die im Berufsleben eingesetzt werden können: „Als Mutter von drei Kindern muss ich zum Beispiel tagtäglich Organisationstalent beweisen und unter Zeitdruck arbeiten können“, sagt Gleichstellungsbeauftragte Brigitte Rubarth.

„Wenn es etwas zu sagen gibt, sollte man es auch sagen“, rät Christina Ewald. Hat eine Frau während der Erziehungszeit ihrem Mann im Betrieb geholfen, sollte sie die dort geleistete Arbeit ausführlich beschreiben. „Zeigen Sie ihrem zukünftigen Arbeitgeber, dass Sie es immer noch gewohnt sind, im Berufsleben zu stehen“, rät Ewald.

Auch ein Aushilfsjob oder ein Ehrenamt können im Anschreiben Erwähnung finden. Oft fehle Frauen der Blick für selbstverständliche Kleinigkeiten, sagt Karriereberaterin Ute Zander. „Ihre Bescheidenheit ehrt die Frauen, bringt ihnen aber nichts“, warnt Constanze Wachsmann. Eine Bewerbungsmappe sei eben in erster Linie ein Werbeprospekt.

Literatur: Christina Ewald: Das Bewerbungsbuch für Frauen, Humboldt, ISBN 3-89994-034-2, 8,90 Euro; Claudia Nuber: Auffallend gut bewerben für freche Frauen – Außergewöhnliche Bewerbungen, die überzeugen, Ueberreuter, 3-636-01190-1, 17,90 Euro (April 2005).

Bewerbungsleitfaden (nicht nur) für Frauen der Stadt Bonn: www.bonn.de/familie_gesellschaft_bildung_soziales/ frauen/bewerbungsleitfaden

Quelle. Web.de

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