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RFID – noch einmal davon gekommen

Freitag, November 10th, 2006

eBusiness-Blog

„Vorläufig“ wird man sagen müssen. Jedenfalls wurde der Antrag der FDP Bundestagsfraktion zur Sicherung des Datenschutzes bei der Warenetikettierung mit RFID-Chips in der letzten Woche mit Mehrheit an die Fachausschüsse verwiesen. Kern des Antrages war die Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur freiwilligen Zerstörung der RFID-Chips vor dem Verlassen des Geschäfts.

Die Frist für die Wirtschaft war bis zum Jahresende gesetzt, danach sollte eine gesetzliche Regelung greifen, falls es nicht zu einer Selbstverpflichtung kommen sollte. Das Hauptargument der Regierungsparteien, die den Antrag nicht stützen wollten, war es, überstürzte Eingriffe in eine neue Technologie, die sich erst langsam beginnt durchzusetzen, zu vermeiden. Vor dem Hintergrund der strikten deutschen Datenschutzregeln ist auch nicht zu erwarten, dass beim gegenwärtigen Stand die Dämme für die Sicherung der Verbraucherrechte brechen.Wichtig war für mich auch der Verweis auf die bevorstehende Initiative der EU-Kommission. Der zentrale Mehrwert von RFID besteht darin, die globalen Warenströme effektiver und sicherer zu gestalten. Nationale Alleingänge machen hier überhaupt keinen Sinn. Man muss sich auch mal vorstellen, was es bedeutet, wenn Produkte, die in ganz Europa vertrieben werden, demnächst mit völlig unterschiedlichen Informationen im Falle der Verwendung der RFID-Technologie gekennzeichnet werden müssten.Inzwischen scheint festzustehen, dass die Deutsche EU-Ratspräsidentschaft im nächsten Jahr dazu genutzt werden soll, sich auf einer Europäischen Konferenz in Berlin im Juni intensiv mit unseren Nachbarn auszutauschen. Dies scheint auch notwendig, da die Sensibilitäten beim Thema RFID in Europa keineswegs gleich verteilt sind. Im Prinzip ist es ein gutes Ergebnis, dass die Reaktion aus Deutschland bei der Online-Konsultation der Europäischen Kommission zum Thema RFID so überwältigend war. 43 Prozent aller Beiträge kamen von hier. Allerdings fragt man sich schon, warum aus einem Land wie Großbritannien, das führend bei der RFID-Technologie ist, nur fünf Prozent kamen? Für mich ist das der erste Hinweis, dass mit dem Thema RFID völlig unterschiedlich umgegangen wird und es höchste Zeit ist, sich hierüber auszutauschen. Ich vermute, dass man hier noch sehr viel voneinander lernen muss, bevor man über neue Gesetzesinitiativen nachdenkt.

Ich bin überzeugt davon, dass beim Thema Daten- und Verbraucherschutz noch großer Diskussionsbedarf besteht. Dies gilt sowohl für die Auseinandersetzung unter den Experten aber insbesondere auch um den Dialog mit den Nutzern der RFID-Technologie. Insbesondere die Position, RFID aus dem Alltag herauszuhalten und auf Anwendungen in Handel und Logistik zu reduzieren, scheint mir hier daneben zu liegen. Jüngstes Beispiel für die sinnvolle Nutzung von RFID ist die Notfall-Versorgung von Patienten. Siemens erprobt jetzt mit MedicAlert in den USA den Einsatz von RFID. Wenn der Test mit 3500 Mitgliedern positiv ausgeht, dann werden künftig vier Millionen Mitglieder von MedicAlert eine Plastikkarte mit RFID-Chip immer bei sich tragen, auf der ihre medizinischen Informationen gespeichert sind. Rettungskräfte können die Daten im Notfall mit einem PDA in Sekunden erfassen – und bei der Einlieferung ins Krankenhaus wird automatisch ein gesicherter Zugang zur umfangreichen Patienten-Datenbank von MedicAlert aufgebaut.

Ich bin mir sicher, dass die Liste von Anwendungen dieser Art immer länger wird und die Nutzer/Verbraucher sich eine eigene Meinung darüber bilden werden, ob und wie umfangreich sie RFID in ihrem näheren Umfeld nutzen wollen.

Quelle: http://www.ecin.de/blog/?q=node/237
31.10.2006 | Prof. Monse